WAS ICH DIESE WOCHE GELERNT HABE …
Werten vs. Würdigen
26.11.2023
Typische Elternsituation: Ich bringe morgens meine Kinder in Schule und Kindergarten, da bin ich dann ca. 40 Minuten unterwegs und treffe gefühlt 1.000 Menschen mit ähnlichem Weg und Ziel.
Davor ist aber schon einiges passiert: Das Aufstehen war wieder mal schwer („Es ist doch noch dunkel 😴!!!!“), beim Frühstück kann man auch echt viel falsch machen („Du hast die Semmel falsch aus der Tüte genommen!!!! 🤬“) und die Klamotten, die man am Vorabend gemeinsam ausgesucht hat, sind auf einmal „Total falsch, igitt! 😵“…
Wenn wir es also geschafft haben, unterwegs zu sein, dann ist das schon was! Auf meinem Weg begegnen mir andere Eltern: Viele davon sehen gestresst oder genervt aus, man merkt ihnen an, dass ihr Morgen ähnlich war wie meiner. 😊
Meistens sind die, die es geschafft haben, ihre Kinder erfolgreich abzuliefern, schon wieder etwas entspannter. Am schlimmsten aber geht es denen, die noch Kinder im Schlepptau haben, während ihnen schon Eltern ohne Kinder entgegenkommen – dann weiß man zusätzlich zu dem ganzen Drama vom Morgen noch, dass man zu spät dran ist – das macht es nicht grade besser…
Hin und wieder treffen sich unsere Blicke – wenn man zu den späten Eltern gehört (da bin ich auch oft genug dabei!), sieht man dann ganz verschiedene Ausdrücke im Gesicht der pünktlichen Eltern: Oft sind es vorwurfsvolle oder herabsetzende Blicke – was wollen sie einem sagen? Oh mein Gott, die hat das echt nicht im Griff! Wie kann man nur so unorganisiert sein? Die kommen wirklich jetzt erst – das haben wir viel besser gemacht!
Man fühlt sich abgewertet! Klar, dass man dann lieber in den Boden schaut und nicht in das Gesicht der anderen!
Deshalb hab ich mir vorgenommen, bewusst anders zu reagieren: Wenn ich – pünktlich – andere Eltern – zu spät – treffe, dann sehen sie in meinem Gesicht Freundlichkeit, Verständnis, Zuspruch.
„Ich weiß, was Du heute schon alles geschafft hast“, will ich Ihnen sagen. „Es ist ok, auch wenn Du das vielleicht grad nicht selbst wahrnimmst.“
Als Antwort erhalte ich dann ein Lächeln 😊
Und das nehme ich mir auch im Rest meines Lebens vor: Ich versuche nicht zu werten, warum jemand noch nicht mehr erreicht hat – was bringt das auch? – ich versuche zu würdigen, was schon alles hinter ihm oder ihr liegt. Ich bemühe mich, die Leistungen zu sehen – nicht die Defizite.
Was verändert das? Mein Gegenüber fühlt sich gesehen, fühlt sich verstanden und kann aus dieser oft kleinen Geste neue Energie schöpfen.
Und ich selbst merke, dass mein Menschbild noch positiver wird, dass ich noch besseren Zugang zu den Personen bekommen, mit denen ich arbeite, die ich für Veränderung motivieren und deren Expertise ich für unsere gemeinsamen Projekte nutzen will.
Und dazu gibt es noch ein Lächeln ❤️
Traut Euch!